Heute möchte ich euch etwas über einen Ort auf Usedom erzählen, der, historisch betrachtet, sehr bedeutend und besonders war bzw. immer noch ist, dessen Geschichte jedoch mit viel Leid und moralischen Bedenken verbunden ist. Es handelt sich um die Heeresversuchsanstalt in Peenemünde, auch bekannt als „HVA Peenemünde“. Eine militärische Einrichtung während des zweiten Weltkriegs, die einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der modernen Raketenforschung gleistet hat, in der jedoch auch viele Menschen ihr Leben lassen mussten.
Im Sommer 1936 begann die Einrichtung der Anlagen, auf 25 km² wurden 79 km Schienen, drei Häfen und zahlreiche Straßen infrastrukturell erschlossen. Etwa 550 Millionen Reichsmark wurden in die Versuchsanstalt investiert und machten die Anlage damals zum größten militärischen Forschungszentrum Europas. Über die Hälfte aller Häuser in Peenemünde wurden abgerissen und von dem kleinen Fischerdorf blieb nicht mehr viel übrig. Kaum vorstellbar heute. Aber wenn man sich auf dem jetzigen Museumsgelände der Anstalt aufhält, bekommt man ein ungefähres Gefühl für das Ausmaß dieser Einrichtung.
Die Hauptaufgabe der HVA bestand darin, neue Technologien für die deutsche Kriegsmarine zu entwickeln. Insbesondere konzentrierte sich die Anstalt auf die Erforschung und Entwicklung von Flugkörpern, die über große Entfernung gesteuert werden konnten. Dies führte zu der Entwicklung der berühmten V2-Rakete, einer ballistischen Rakete mit einer Reichweite von bis zu 320 Kilometern. Die V2-Rakete war ein Meilenstein in der Geschichte der Raumfahrt und wurde zum ersten Mal im Jahr 1944 eingesetzt. Sie war die weltweit erste einsatzfähige Großrakete und konnte eine Nutzlast von etwa einer Tonne tragen. Sie war außerdem in der Lage, mit einer Geschwindigkeit von über 5.760 km/h zu fliegen und erreichte eine maximale Flughöhe von etwa 189 Kilometern. Leider wurde sie hauptsächlich als Terrorwaffe gegen die Zivilbevölkerung konzipiert und richtete während des Krieges erheblichen Schaden an.
Auch die Arbeitsbedingungen in der HVA waren alles andere als human. Für die Einrichtung existierte von Juni bis Oktober 1943 ein Außenlager des KZ Ravensbrück. Im Untergeschoß der Fertigungshalle F1 waren bis zu 600 Häftlinge untergebracht, die bei der Montage der A4-Raketen mit helfen sollten. Diese Häftlinge wurden vorher aus den KZ Buchenwald und Sachsenhausen ausgewählt und nach Peenemünde gebracht. Auch wenn sie dort besser behandelt wurden, als in ihren ursprünglichen KZ, konnten viele dem Tod nicht entfliehen. Die Errichtung und die anschließende Produktion der V2-Rakete kostete rund 20.000 Häftlingen das Leben. Außerdem kamen ungefähr 8.000 zivile Personen durch den militärischen Einsatz der Rakete selbst ums Leben. Unter den Häftlingen befanden sich nicht nur KZ-Insassen, sondern auch viele Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und mehr als 3.000 „Ostarbeiter“ aus der Ukraine und Zivilarbeiter aus Polen.
Im Jahr 1943 wurde die HVA von den Alliierten bombardiert, was zu erheblichen Schäden führte. Dies zwang die Anstalt zur Verlegung ihrer Aktivitäten in andere Standorte, wie beispielsweise das Mittelwerk in Nordhausen. Trotzdem konnte die Forschung fortgesetzt werden und die Entwicklung der V2-Rakete wurde erfolgreich abgeschlossen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden viele Wissenschaftler und Ingenieure der HVA gefangen genommen und in die USA gebracht. Dort spielten sie eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des amerikanischen Raumfahrtprogramms, insbesondere bei der Gründung der NASA.
Heute erinnert das Historisch-Technische Museum Peenemünde an die ehemalige Heeresversuchsanstalt und gibt den Besuchern einen Einblick in die Geschichte der Raketenforschung. Gleichzeitig arbeitet es die Geschichte der Entstehung und Nutzung der Waffen auf und dokumentiert mit Ausstellungen wer in Peenemünde arbeitete, wie die Menschen dort lebten und warum die enorm aufwendigen Waffenprojekte durchgeführt wurden.
Ein Besuch des Museums lege ich euch auf jeden Fall ans Herz. Auf dem Gelände gibt es eine ganze Menge zu Entdecken und zu lernen.
Ihr könnt euch auch bei eurem nächsten Usedom-Besuch die „Peenemünde Denkmal-Landschaft“ App herunterladen. Sie ist kostenlos und mit ihr könnt ihr den öffentlichen Rundweg zu 23 historisch interessanten Stationen der Peenemünder Versuchsanstalten besuchen und erkunden.
Die ideale Unterkunft in Peenemünde und Umgebung haben wir natürlich für euch auf unserer u24.online Webseite. Klickt einfach auf den Link und los geht es!
Bleibt gespannt auf meinen nächsten Beitrag, ich freue mich auf euch!